Förderung, Pflege und Erhaltung von Kultur und Landschaft im mittleren Enztal
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Bauphase Backhäusle

Bauphase Roßwager Dorfbackhaus

Gestiegene Holzpreise, der insgesamt zu hohe und unwirtschaftliche Holzverbrauch durch die zahlreichen Backöfen in Privathäusern, aber auch die Feuergefahr, die von diesen Öfen in den eng bebauten Ortskernen ausging, führten dazu, dass in den 1830-er Jahren die Obrigkeit verstärkt darauf drängte, Gemeinde-Backhäuser einzurichten, u.a. auch als kombinierte Wasch- und Backhäuser. Am 2. Januar 1838 erfahren wir aus dem Gemeinderatsprotokoll von Roßwag, dass der Commun ein Bak- und Waschhaus zu bauen oberamtlich auferlegt ist, welches im Anschlag 516 Gulden beträgt. Gebaut wurde das Backhaus deshalb noch nicht gleich, schließlich sollten bei der „klammen“ Gemeindekasse andere Projekte wie der Hochwasserschutz, der Brücken- und Schulhausbau, Vorrang haben.

Die Planung schritt nur langsam voran: Im August 1840 fertigte Werkmeister Bertsch in Vaihingen einen Kostenvoranschlag und einen Bauplan für das Backhaus; die von Bertsch veranschlagten Kosten lagen inzwischen bei 1.500 Gulden. Der Garten, den die Gemeinde 1840 bereits gekauft hatte, um darauf das Backhaus zu errichten, erwies sich im Nachhinein als ungeeignet, weil er sich wohl zu sehr in der Nähe von Scheunen und Häusern befand. Deshalb beschloss der Gemeinderat im April 1841 einen anderen Platz für das Bauvorhaben zu erwerben, nämlich den des heutigen Standorts.

Im August 1841 fasste der Gemeinderat folgenden Beschluss: Da das Backhauswesen diesen Sommer vor sich gehen muss, so wurde von mehreren Seiten der Antrag gestellt, die Arbeiten unter den hiesigen Maurern, Steinhauer und Zimmerleuten in Abstreich zu bringen und diese Geschäfte in öffentlichen Blättern mit der Einladung fremder Meister zu dem Abstreich nicht auszuschreiben. Da dies allgemeinen Anklang fand, so wurde beschlossen: Sämtliche Geschäfte unter den hiesigen Handwerksleuten Abstreich zu bringen.

Mit dem Ansinnen, allein die Handwerker vor Ort zum Zug kommen zu lassen, klappte es aber nicht. Denn im „Amts- und Intelligenzblatt für die Oberämter Vaihingen und Maulbronn“ vom 3. September 1841 wird der Backhausbau Accord in Roswaag dann doch öffentlich ausgeschrieben. Folgende Handwerker erhielten Bauaufträge und führten die entsprechenden Arbeiten aus: Steinhauermeister Fidler und Schreinermeister Böhringer, beide aus Roßwag, Zimmermeister Stuible aus Nußdorf, Glasermeister Scheefer aus Dürrmenz und Schlossermeister Wachter aus Illingen. Kupferschmied Bäuerle in Vaihingen lieferte zusätzlich vier neue kupferne Bakofen Röhren, die eingemauert wurden, Bakofenmacher Schaller brannte die Backöfen aus.

1842 kamen die Arbeiten zum Abschluss. Das einstöckige Back- und Waschhaus in der Unteren Gasse verfügte über zwei Backöfen und zwei Waschkessel. Die Baukosten ohne das notwendige Material betrugen insgesamt  743 Gulden 40 Kreuzer.

Bereits im Oktober 1841 war vom Gemeinderat ein Backhaus-Meister bestellt worden: Da das Gemeindebackhaus demnächst ausgebaut und der Bürgerschaft zum Gebrauch eröffnet wird, so hat man sich heute versammelt, um sich darüber zu berathen, wie es mit der Benützung desselben gehalten und ob und was zur Aufsicht aufgestellt werden soll. Nach gepflogener Berathung wird von beiden Kollegien einstimmig beschlossen einen Bäcker, der das Heitzen der Oefen versteht, unter folgenden Bedingungen zum Backhaus Meister aufzustellen, und zwar:

1. Je nach der Zeit der Anmeldung sind die Backenden ohne Ansehen der Person zum Backen vorzubescheiden.
2. Ist gesundes, wohlausgebackenes Brot zu liefern, widrigenfalls der Bäcker Schadenersatz zu leisten hat.
3. Jeder Backende hat das nöthige Holz selbst zu bringen, die Asche bleibt dem Bäcker, dagegen die Kohle dem Bürger.
4. Der Back Meister ist für die größte Reinlichkeit im Backhaus antwortlich. Im Backhaus selbst sind keine Versammlungen zu dulden und bloß dem Backenden ist es erlaubt, in demselben zu verweilen.
5. Wenn der Back Meister das Brot wickelt und aufschießt, und den Ofen besorgt, so erhält derselbe von 1 Laib oder Kuchen 1 Kreuzer, bei 7 – 12 zwei Kreuzer, bei 13 – 18 drei Kreuzer und bei 19 – 24 vier Kreuzer.
6. Wenn aber der Back Meister alles besorgt, so daß der Backende bloß das Zeug und das Holz abgiebt, so erhält der Backmeister das doppelte der oben ausgesagten Belohnung.
7. Diese Bestimmungen bleiben bis 1. Januar 1842 in Kraft, da man vorerst eine Probe zu machen beabsichtigt.

Nachdem die hiesigen Bäcker von diesen Bestimmungen in Kenntnis gesetzt worden waren, wurden dieselben aufgefordert, zu erklären, wieviel sie gesonnen seien zur Gemeinde Casse zu geben. Dieselben verstanden sich zu keinem Abtrag und bloß der Bäcker Geselle Philipp Heinrich Mörgenthaler wollte das Geschäft eines Back Meisters unter obigen Bedingungen, jedoch ohne Abtrag an die Gemeindekasse übernehmen. Da derselbe des Bäckerhandwerks kundig ist, so wurde derselbe einstimmig als Backhaus Meister bestellt.

(Behr/Stadtarchiv/21. Nov. 2002)

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